Nachhaltige ETFs: Ein sinnvoller Weg, Kapital langfristig für gute Zwecke einzusetzen?

Autor: Christoph Lindenberg
Nachhaltige ETFs: Ein sinnvoller Weg, Kapital langfristig für gute Zwecke einzusetzen?
Foto von Appolinary Kalashnikova auf Unsplash.

Börsengehandelte Aktien-Indexfonds (ETFs) haben in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Eine wachsende Zahl an Anlegern fragt sich jedoch, an welchen Unternehmen sie da tatsächlich beteiligt sind. Profitieren etwa Unternehmen wie Tesla von meiner Altersvorsorge? ETFs mit ESG-Label (Environmental, Social, Governance) oder Schlagwörtern wie „nachhaltig“ und „klimaneutral“ suggerieren Abhilfe. Anbieter, wie BlackRock, versprechen Fondslösungen, die problematische Positionen ausschließen, so in der Tendenz in „grüne“ und „verantwortungsbewusste“ Firmen investieren und damit weiterhin eine stabile Rendite sowie breite Diversifikation erzielen. Die zentrale Hypothese dahinter: nachhaltigere Unternehmen erhalten so günstigere Finanzierungsbedingungen und gezielt Anreize für nachhaltiges Wirtschaften. Doch wie realistisch ist diese Annahme?

Nachhaltige ETFs haben mit echtem "Impact" wenig zu tun. Ihr Grundprinzip unterscheidet sich nicht von klassischen Indexfonds: Sie kaufen Aktien von Unternehmen, die in einem bestimmten Index gelistet sind. Ob dieser Index nun das Kürzel „ESG“ trägt oder nicht, ändert wenig an der grundlegenden Logik. Der MSCI World umfasst beispielsweise rund 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern und bildet den globalen Aktienmarkt ab, ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeitskriterien. Der MSCI World SRI hingegen ist eine ESG-Variante dieses Index und enthält mit etwa 400 Unternehmen nur eine Teilmenge der ursprünglichen Titel. Die Auswahl basiert auf ESG-Kriterien, die bestimmte Branchen wie Waffen, Tabak oder fossile Energien reduzieren oder ausschließen. In der Investorenmappe von MSCI heißt es: „The MSCI SRI Indexes aim to represent the performance of companies with high Environmental, Social and Governance (ESG) ratings while excluding companies with negative social or environmental impact.“

Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass auch ESG-optimierte Indizes keineswegs frei von kontroversen Unternehmen sind. Facing Finance, eine gemeinnützige Organisation, die nachhaltige Geldanlagen analysiert, betreibt gemeinsam mit der NGO urgewald die Datenbank Faire Fonds. Sie untersucht Investmentfonds – darunter auch den MSCI World SRI – auf problematische Beteiligungen und zeigt, dass viele ESG-optimierte Indizes trotz Ausschlusskriterien immer noch Anteile an kritischen Unternehmen enthalten - so auch der MSCI World SRI, der trotz seines Nachhaltigkeitsanspruchs weiterhin Unternehmen enthält, die mit Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen oder undurchsichtigen Lieferketten in Verbindung stehen. So umfasst beispielsweise der ETF mit der ISIN IE00BYX2JD69, der den MSCI World SRI abbildet, Unternehmen wie Toray Industries, laut FaireFonds einem der größten Emittenten von Treibhausgasen weltweit (Faire Fonds) .

Diese Ergebnisse decken sich mit der Kritik an ESG-Ratings: Statt Kapital gezielt in nachhaltige Unternehmen zu lenken, basieren viele „grüne“ ETFs auf Ausschlusslisten und Anpassungen der Gewichtung von Einzelpositionen. Facing Finance weist zudem darauf hin, dass es aufgrund fehlender regulatorischer Standards für „nachhaltige“ Finanzprodukte derzeit kaum verlässliche Definitionen gibt – was dazu führt, dass selbst Fonds mit ESG-Label erhebliche Anteile an fossilen Energien, Rüstung oder Umweltzerstörung enthalten können.

Gleichzeitig weisen Koelbel, Paetzold & Busch (2020) darauf hin, dass nachhaltige Investitionen über öffentliche Märkte nur begrenzten Einfluss auf Investitionsentscheidungen von Unternehmen haben. Der größte Hebel für nachhaltige Veränderungen, so die Autoren, liege in Engagement-Strategien und aktiven Eigentümerrollen, nicht in der bloßen Umschichtung von Aktienportfolios (Koelbel et al., 2020). Dies ist für Kleinanleger in der Regel keine wirkliche Option.

Letztlich entsteht durch ESG-ETFs kein tatsächlicher Impact im Sinne einer realen Veränderung unternehmerischer Entscheidungen oder Kapitalströme. Der Kauf von ETF-Anteilen bedeutet lediglich den Handel bestehender Aktien auf dem Sekundärmarkt, ohne dass Unternehmen dadurch zusätzliches Kapital z.B. für Klimaschutzmaßnahmen erhalten. Die Annahme, dass nachhaltigere Unternehmen durch ESG-ETFs bessere Finanzierungsbedingungen erhalten, bleibt in der Praxis bisher ohne empirisches Fundament.

Wer mit seinem Geld tatsächlich eine nachhaltige Wirkung erzielen will, braucht eine andere Strategie. Genau hier setzt der GeldFürDieWelt e.V. an. Wir nutzen die strukturellen Vorteile von ETFs – Diversifikation, Kosteneffizienz und langfristige Wertstabilität – jedoch nicht, um durch Aktienselektion vermeintlich nachhaltiger Unternehmen Einfluss zu nehmen, sondern um reale Wirkung auf der Ausgabenseite zu erzielen. Jedes Jahr leiten wir 2 % unseres Gesamtvermögens gezielt in evidenzbasierte Projekte um, die nachweislich Armut reduzieren und nachhaltige Entwicklung im Globalen Süden fördern. Diese Mittel fließen direkt in Organisationen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Während ESG-ETFs auf der Investmentseite eine keine oder nur sehr wenig Wirkung entfalten, setzen wir auf einen direkten, empirisch belegbaren Impact durch die Weiterleitung von Kapital. So machen wir die Stärken von ETFs nutzbar – aber für echte, messbare Veränderung.